Liebe Freundinnen und Freunde unserer Initiative,

mit viel Freude haben wir die Verleihung des Hessischen Demokratie-Preises an die Walter-Lübcke-Schule in Wolfhagen und die ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf gefeiert. 2000 Gäste waren dabei, reichlich aus Politik, Medien und Gesellschaft. Und natürlich alle Schülerinnen und Schüler der ausgezeichneten Schule. Besonders schön zu sehen, dass weder der Schulleiter noch die Schülersprecher in Anwesenheit von Kulturminister und Ministerpräsident in Ehrfurcht erstarten. Und klare und durchaus auch deutliche Worte fanden. Was gibt in einer Demokratie für Regierende Schöneres als wertschätzender Widerspruch? 

Schulleiter Ludger Brinkmann mahnte in seiner knappen Begrüßung zwei Dinge an: Weiter „Haltung zu zeigen“ und „mehr Demokratie zu wagen“. Hier sei noch einmal daran erinnert, dass in Hessen im Unterschied zu den allermeisten Bundesländern 16jährige bei Kommunalwahlen ihre Stimme immer noch nicht abgeben dürfen. Dafür nutzen die Schülervertreter geschickt die große Bühne. 

Vor der Preisverleihung hatten die Schülerinnen und Schüler übrigens ganz direkt die Möglichkeit zur Diskussion. Mit Unterstützung unserer Initiative „Offen für Vielfalt“ haben wir 14 prominente Diskutanten, vom Minister über die Bundestagsabgeordnete bis zum Medienmacher – in die Klassenzimmer gebracht. Demokratie als Live-Event an der Schule. Ihnen für Ihre Beteiligung noch einmal ein dickes Dankeschön! 

Wer Lust hat, selbst viele tolle Eindrücke von dem Festakt anzuschauen, der sollte sich hier unsere Fotogalerie unbedingt ansehen. Wie vielfältig unser Kooperationspartner ist, zeigt die Walter-Lübcke-Schule übrigens auch in einem tollen Video.




Die Schülervertretung der Walter-Lübcke-Schule dankte für die Auszeichnung. Aus der Rede zitieren wir hier heute gerne ausführlich: 

„Dieser Preis steht für Werte, die einer ganz besonders vertreten hat. Der Namensgeber unserer Schule. Walter Lübcke, ein Mann, der gerade unsere Schule sehr geprägt hat, der die Werte vertreten hat, die wir täglich versuchen umzusetzen: Toleranz, Demokratie, Heimat, Mut, Respekt und Freiheit. Deshalb wurde er von Rechtsextremisten erschossen. Gerade das ist ein Grund, warum wir Demokratie mehr leben müssen als jemals zuvor. Für uns ist dieser Preis und die Wahl dieses Namensgebers eine Verpflichtung täglich weiter für Demokratie zu kämpfen. Der Demokratiepreis steht für etliche Erfolge, die bei uns durch Schülerinnen und Schüler, die Schülervertretung, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schulleitung und viele andere Mitwirkende erzielt wurden“, so die Schülersprecher. 

Als Beispiel dafür führten sie in ihrer Rede die überraschende Abschiebung ihrer Mitschüler Katja und Mervan an. Die Beiden sind aus Syrien zusammen mit ihrer Mutter nach Wolfhagen geflohen und hatten hier bereits eine Zukunft. Freunde, Ausbildungsverträge und waren gut integriert als sie im März 2021 mitten in der Nacht abgeholt und in einen Flieger nach Bulgarien gesetzt wurden. Durch lang anhaltenden Protest und Engagement sei es dann nach einem Jahr gelungen, sie mit Ausbildungsvisa zurückzuholen. 

Eindringliche Worte fanden sie auch über ihre Schulalltag nach Corona: „Wir erleben in unserer Schule aktuell, dass psychische Erkrankungen erheblich zugenommen haben. Seit der Pandemie ist uns bewusster, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist. Laut Studien leiden Menschen zwischen 14 und 29 stärker unter psychischer Belastung als ältere Menschen. Warum ist das so? Wir erleben die Welt gerade als aussichtslos, überfordernd, zerstört und unrettbar. Medien sind voll mit negativen Nachrichten wie Kriege auf der ganzen Welt oder Naturkatastrophen auch als Folgen vom Klimawandel. Dazu kommen noch die ganzen Erwartungen, Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und hohes Lernvolumen. Daraus resultieren Ängste und Unsicherheiten, die uns überwältigen, doch die Schule lehrt uns Goethes Gedichte zu analysieren, — den Umgang mit negativen Emotionen allerdings nicht!“, so die Schulsprecher: „Wir wünschen uns, dass es in der Schule mehr Zeit für Zwischenmenschliches, Freiraum für eigene Interessen und Rücksichtnahme gibt. Lehrerinnen und Lehrer versuchen vieles von der psychischen Belastung aufzufangen, dafür fehlt Ihnen jedoch die Zeit.

Denn Stellenzuweisungen und Lehrpläne seien so gestrickt, dass leider zu wenig Zeit für individuelle Betreuung bleibe. Für Schulen in Hessen forderten die Schülersprecher ausreichend Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie die Daz-Lehrkräfte, die einen wichtigen Teil bei Integrationsarbeit übernehmen. 

Frustrierend sei, dass der Kreisschüler*innenrat seit Jahren versuche, dass kostenlose Hygieneprodukte an Schulen im Kreis Kassel zur Verfügung gestellt werden. Ein Grundbedürfnis der Hälfte der Schulgemeinde. Diese Forderung werde zwar von allen Parteien im Kreistag unterstützt, dennoch sei immer noch keine Umsetzung in Sicht. „Wir möchten nicht nur gehört werden, wir wollen Ergebnisse!  Demokratie muss Erfolge möglich machen, um sie zu erhalten“, fanden die Schülervertreter klare Worte an die anwesende Lokalpolitik. Wir werden als Initiative jetzt gemeinsam mit den Schülervertreter*innen gemeinsam an diesem Thema dranbleiben.  


Zu Ehren Walter Lübckes läutete auch in diesem Jahr am 2. Juni wieder die Osanna-Glocke der Martinskirche in Kassel. Zum Gedenken an seinen vierten Todestag hatte die Ev. Kirchengemeinde Kassel-Mitte in Kooperation mit „Offen für Vielfalt“ auf den Martinsplatz eingeladen. „Die Osanna-Glocke ruft zu Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und innerem Frieden“: Der Titel der Veranstaltung machte deutlich, dass sich dieses Gedenken nicht allein auf den Tod an Walter Lübcke bezieht, der in der Nacht auf den 2. Juni 2019 von einem Rechtsextremen ermordet wurde. Auch die Gewalttaten des NSU, insbesondere die Ermordung des Kasseler Bürgers Halit Yozgat, und insgesamt der politische Terror in unserem Land wurden mit in den Blick genommen. Hauptredner Regierungspräsident Mark Weinmeister würdigte Haltung, Mut und Standhaftigkeit seines Amtsvorgängers und mahnte die anwesende Stadtgesellschaft, darunter Bürgermeisterin Ilona Friedrich und der designierte OB Sven Schoeller, sich mit engagiertem Diskurs für eine demokratische Gesellschaft einzubringen und mit Kompromissen statt Konfrontation für gesellschaftliche Entwicklung zu sorgen. Elftklässler des Engelsburg-Gymnasiums Kassel fassten mit Statements die Ergebnisse ihrer Diskussionen im Politik-Leistungskurs zusammen: „Wir müssen uns gegen Hass und Hetze und für unsere demokratischen Werte einsetzen.“ 



Interrail-Tickets verlost die hessische Landesregierung an junge Hessinnen und Hessen zwischen 18 und 23 Jahren auf der Webseite hessenrail.de. 2021 hatten sich über 5200 junge Menschen an der Verlosung beteiligt. Bis zum 18. Juni ist die Registrierung zur Verlosung online noch geöffnet. 


Hessen wählt: Als „Hessische Verhältnisse“ werden Wahlergebnisse ohne klaren Regierungsauftrag bezeichnet. Lutz Kiepe, Politikwissenschaftler der Uni Kassel, blickt am Donnerstag, 22. Juni, in einem Vortrag bei der Volkshochschule vhs, Wilhelmshöher Straße 19-21 auf die vergangenen Landesregierungen zurück und geht auf Parteien, Personen und mögliche Koalitionen ein. Der Eintritt beträgt 5 Euro. 



… fragen wir uns, was eigentlich aus der Ankündigung von Friedrich Merz geworden ist, die AfD zu halbieren? Im Herbst 2018 hatte Merz bei seiner Bewerbung um den CDU-Vorsitz angekündigt, der AfD 50 Prozent ihrer Wähler „abjagen“ zu wollen. Damals lag die Partei in Umfragen zwischen 13 und 16 Prozent. In seinem Newsletter am Wochenende hat der CDU-Chef jetzt die Ampelkoalition für die Stärke der rechtsextremen Partei verantwortlich gemacht – und seine Thesen auch auf Twitter verbreitet. Unterdessen meldete der Berliner Politikwissenschaftler Thorsten Faas Zweifel an angeblichen Sprüngen der AfD hin zu Rekordwerten an – und wies auf Twitter darauf hin, dass zumindest die Trendlinie der Partei über Monate nur langsam steigt. Fazit des Wahlforschers: „Wir führen also nicht nur eine Debatte mit teils wilden Argumenten, sondern noch dazu eine, die in ihrer Dramatik wenig mit der Realität zu tun hat.“ Unterdessen wird die Luft für Björn Höcke wirklich dünner: Die Staatsanwaltschaft Halle hat Anklage gegen den Vorsitzenden der Thüringer AfD wegen Verwendens von NS-Vokabular erhoben. Es geht um Äußerungen Höckes auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Merseburg in Sachsen-Anhalt. 


Mit demokratischen Grüßen 
Michael Sasse 
 
„Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ 
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